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Frisch aus der Presse: deutscher Dienstleistungssektor schwach auf dem Weltmarkt

Ohne das neue Thema dieses Blogs zu ändern möchte ich auf einen neuen Bericht des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hinweisen. Nach dieser Studie über die deutsche Exportwirtschaft (Abstract) ist der Exportanteil von Dienstleistungen im internationalen Vergleich zu niedrig. Obwohl Deutschland weiter stark im Export von Gütern ist, vor allem mit der Autoindustrie und dem Maschinenbau, bleibt mit 13% in 2005 der Anteil von Dienstleistungen an den deutschen Exporten wieder deutlich hinter den Vergleichswerten anderer Industrieländer zurück“. DIW bezeichnet diese Lage als ein strukturelles Problem, weil langfristig der industrielle Sektor im Vergleich zum Dienstleistungssektor an Gewicht verliert. 

Ich werde jetzt nicht Habe ich doch gesagt“ ausrufen, sondern verweise auf diesen Beitrag. ;-) 

Jedoch, wie andere auch, sieht DIW Innovationen in Forschung & Entwicklung und in Humankapital als Lösung zu diesem Problem. Mich wundert immer wieder wie diese Denkfabriken“ keine Verknüpfung mit der schlechten Serviceeinstellung in Deutschland als einen wichtigen Grund für diese Lage herstellen.

Deutschland verliert seine globale Wettbewerbsfähigkeit

Dieser Blog hat sich bisher darauf konzentriert, die Probleme mit dem schlechten Kundenservice in Deutschland zu beschreiben. Bald werde ich mehr Augenmerk auf Geschäftsmöglichkeiten richten, die sich aus gutem Kundenservice ergeben. Davor möchte ich aber mit paar Statistiken aufzeigen, wie die deutsche Wirtschaft durch den schlechten Kundenservice negativ beeinflusst worden ist. 

Deutschland hat während des letzten Jahrhunderts von seiner Stärke im Ingenieurwesen und Produktentwicklung im internationalen Vergleich profitiert. Diese Stärke war Deutschlands Wettbewerbsvorteil im Industriezeitalter. Wir leben aber nicht mehr im Industriezeitalter. 

Wie in diesem Beitrag dargestellt wurde, wird der größte Teil des Bruttoinlandsprodukts von Industrieländern bereits jetzt durch Dienstleistungen erwirtschaftet und die meisten Erwerbstätigen sind in Dienstleistungsfirmen beschäftigt. Daher hängt jetzt der globale Wettbewerbsvorteil mehr von Dienstleistungen, die von Mensch zu Mensch geliefert werden als von Ingenieurwesen oder Produktentwicklung. Und hier fehlt es Deutschland am Wettbewerbsvorteil. 

Dass Deutschland im Wohlstandsvergleich gegenüber anderen Ländern verliert, wird offensichtlich, wenn man das Bruttoinlandsprodukt (BIP) je Einwohner im Vergleich mit anderen Industrieländern betrachtet (siehe Graph unten). Deutschlands BIP pro Einwohner, verglichen mit dem OECD Durchschnitt, ist während der letzten zehn Jahre um etwa zehn Punkte gesunken. Viele andere Industrieländer konnten hingegen ihr BIP pro Einwohner über den Durchschnitt steigern oder wenigstens konstant halten.

BIP je Einwohner

Obwohl dieser relative Abstieg auf mehrere Faktoren zurückzuführen ist, ein Faktor, den man betrachten muss, ist Deutschlands schwache Wettbewerbsstellung in der globalen Servicewirtschaft. Diese schwache Stellung kommt durch die schlechte Serviceeinstellung in Deutschland zustande. Obwohl dieser Blog keinen Anspruch auf die vollständige Analyse der deutschen Servicewirtschaft stellt, hier sind einige Statistiken als Indikatoren für diese schwache Wettbewerbsstellung. 

Einfluss von Dienstleistungen auf das Bruttoinlandsprodukt
Nur 69% des BIP wurde in Deutschland in 2005 durch Dienstleistungen erwirtschaftet, in den USA waren es 81%. Während der letzten zehn Jahre ist Deutschlands BIP im Durchschnitt um1,9% jährlich gewachsen und das BIP erwirtschaftet durch Dienstleistungen um 2,4%. Während der gleichen Zeit ist das US amerikanische BIP um 5,4% jährlich gewachsen und sein BIP erwirtschaftet durch Dienstleistungen um 5,7%. 

Export von Gütern UND Dienstleistungen
Deutschland ist stolz auf seine Stellung als der Weltmeister im Export von Gütern, sogar vor den USA, seit mehreren Jahren. Diese Stellung beruht aber nur auf dem Export von Gütern, Dienstleistungen sind nicht eingeschlossen. Und die Mehrheit dieser Güterexporte kommt von Exporten von Autos, Maschinen und Chemieprodukten, alles Bereiche mit deutscher Wettbewerbsstärke aus dem Industriezeitalter. Wenn man Dienstleistungen mitrechnet, muss die Exportstellung relativiert werden. Nur 13% der deutschen Gesamtexporte kamen aus dem Servicebereich in 2005, während es in den USA 28% waren.

Deutschlands Position unter den weltbesten Markennamen
Anhand einer neusten Untersuchung über die besten weltweiten Markennamen durch Interbrand ist Deutschland mit neun Markennamen unter den Top 100 vertreten und die USA mit 51. Der Unterschied in der absoluten Anzahl von Markennamen ist weniger wichtig. Was aber sehr aussagekräftig ist, ist der Anteil von Dienstleistungsunternehmen in der Liste. Von den neun deutschen Markennamen ist nur eins, SAP, aus dem Dienstleistungsbereich, und das nur, wenn man eine ausgedehnte Definition von Dienstleistungen nimmt, die Software einschließt. Auf der anderen Seite kommen über 40% der US amerikanischen Firmen aus dem Dienstleistungsbereich.

Statistikvergleich

Wie vorher erwähnt wurde, sind das nur einige Indikatoren für den schwachen Dienstleistungssektor in Deutschland. Und der schwache Dienstleistungssektor ist nicht der einzige Grund für die schwache Gesamtwirtschaftslage Deutschlands. Was wahrscheinlich einen noch mehr gravierenden Einfluss auf den Wohlstandsverlust hat, ist der schwache Konsum, was teilweise auf Kindermangel seit Mitte der 1970iger Jahre zurückzuführen ist. Wie in dieser Analyse dargestellt, werden jährlich in Deutschland mindestens 300’000 Kinder zu wenig geboren, um eine stabile Wirtschaftslage aufrechtzuerhalten. Dieser Mangel führt zu fallenden Konsumausgaben, wo zum Beispiel jährlich 250’000 neue Haushalte weniger gegründet werden als noch vor zehn Jahren. Die Gründe dafür sind jedoch ein eigenes Blog für sich.  

Es gibt wachsende Anzeichen dafür, dass der schlechte Service in Deutschland einen negativen Einfluss auf die deutsche Wirtschaft hat. Deutsche Politiker und Unternehmen glauben aber, dass Förderung von Innovationen die Lösung für die schlechte Wirtschaftslage Deutschlands im internationalen Vergleich ist. Wie wär’s aber, wenn man den Mangel an Kundenausrichtung und den schlechten Kundenservice als Gründe – und vielleicht noch mehr entscheidende – für die jetzige Lage in Betracht zieht? Können Sie sich vorstellen, wo die deutsche Wirtschaft heute sein könnte, wenn sie konkurrenzfähiger im Servicebereich wäre?

Auswirkungen auf Unternehmen in Deutschland

In einer geschlossen Wirtschaft wäre der Kundenservice, der von vielen Unternehmen in Deutschland angeboten wird, wahrscheinlich ausreichend, um niedrige Serviceerwartungen deutscher Kunden zu decken. In der globalen Wirtschaft aber konkurrieren deutsche Firmen mit ausländischen Firmen in Deutschland und im Ausland. Ausländische Unternehmen aus Ländern mit guter Serviceeinstellung, wie z.B. USA oder Japan, sind im klaren Vorteil, einen besseren Kundenservice anzubieten und den deutschen Kunden zu zeigen, was sie vermissen. 

Die deutsche Wirtschaft hinkt seit einiger Zeit den Wirtschaften anderer Industrieländer hinterher. Obwohl es mehrere Gründe dafür gibt, muss man bedenken, ob der – im internationalen Vergleich – schlechte Kundenservice einer der Gründe ist. Diese niedrigen Serviceniveaus könnten eins der Gründe sein für den relative niedrigen Anteil von Erwerbstätigen im Servicebereich im Vergleich mit den USA (siehe Graphen unten). 

 US employment by economic sector

German employment by economic sector

85% der Beschäftigten in den USA arbeiten im Servicesektor, in Deutschland sind es nur etwa 65%. Der Servicesektor ist der Grund für den größten Teil neuer Stellen in den USA bedingt durch das starke Wachstum im Gesundheitsbereich, Beratungssektor und in Lebensmitteldienstleistungen. In Deutschland, auf der anderen Seite, war das niedrige Wachstum im Servicesektor nicht ausreichend, um die Stellenabnahme im produzierenden Gewerbe abzufangen.  

Einer Studie der Deutsche Bank Research zufolge nimmt das Pro-Kopf-Einkommen in Deutschland ab und es wird weiter abnehmen, da es Deutschland über lange Zeit versäumt hat, eine konsequente Wachstumsstrategie zu entwickeln und zu verfolgen. Könnte es einen Zusammenhang zwischen nur relativ langsam wachsendem Servicesektor und abnehmendem Pro-Kopf-Einkommen geben?